Rollen und Erwartungen ↦ Welchen Einfluss haben diese? Drei Ansätze für den positiven Umgang mit Rollenerwartungen.

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Im Grunde sind wir alle Schauspieler. Denn wir spielen Rollen - jeden Tag. In der sozialen Interaktion mit anderen nehmen wir immer eine Rolle ein. Wir sind Chef und Kollege, sind (Ehe)Partner, Vater oder Mutter und Mitglied in unterschiedlichen Gruppen (Team, Familie, Verein etc.). Diese Rollen spielen wir automatisch und springen schnell von der einen zur anderen. So haben wir zum Beispiel in der Familie oft eine sehr feste Rolle, die sich im Verlauf ausgeprägt hat und die sich über Jahre hinweg meist wenig ändert.

Im beruflichen Umfeld sind unsere Rollen an unsere Funktion und Postion geknüpft. Und gerade hier haben wir unsere eigenen Erwartungen an unser Tun sehr bewusst.  Doch auch andere haben Vorstellungen davon, wie wir unsere Rollen zu leben haben.  

Diese Tatsache und die daraus entstehenden Differenzen, sind aus meiner Sicht eine der Hauptursachen für Konflikte. Unerfüllte Erwartungen führen zu Enttäuschungen und damit im weiteren Verlauf zu Unstimmigkeiten und Reibungen.

Und gerade jetzt zum Beginn der Urlaubszeit wirken diese Wechselbeziehungen auch im privaten Umfeld, wenn die Erwartungen an die schönste Zeit im Jahr, wie Berge in die Höhe wachsen.

Wie lassen sich diese negativen Wechselwirkungen aus Rollenerwartungen lösen?

 

1.  Erwartungen bewusst machen

Ist es Ihnen immer bewusst, welche Rolle Sie gerade einnehmen? Unter Rolle versteht man die Gesamtheit der Verhaltensweisen, die eine Gruppe von einem bestimmten Mitglied erwartet. Gruppenrollen werden oft erst bewusst, wenn jemand gegen die Erwartungen verstößt und die Gruppenmitglieder irritiert reagieren.

In formellen Gruppen geht es in erster Linie um aufgabenorientierte Rollen aufgrund von Funktionen und Positionen. Hier sind die Erwartungen meist klar umschrieben und weitgehend festgelegt. Neben Gruppenmitgliedern, die verantwortungsvoll ihre Aufgaben wahrnehmen, sind Menschen wichtig, die die Entwicklung der Gruppe im Auge behalten: der Impulsgeber, der Vermittler, der Zuhörer, der Moderator usw.

Daneben nehmen Gruppenmitglieder auch Rollen ein, die mit ihnen und ihren Erfahrungen zu tun haben und wenig oder gar nicht an den Aufgaben orientiert sind: der Gruppenclown, der Nörgler, der Rechthaber, der Hitzkopf, der Unterstützungsbedürftige, der Beschwichtiger, der Quertreiber usw.  Diese Rollen können sich in der Gruppe nur dann halten, wenn sie auf Resonanz stoßen. Rollen sind nützlich, sie bieten dem Einzelnen Sicherheit und dienen der allgemeinen Verständigung. Dort wo die Gruppe jemanden auf eine Rolle festschreiben will, engt die Rolle ein.

Die Rollen, die man einnimmt, können in verschiedenen Gruppen vollständig voneinander abweichen. Menschen, die in der einen Gruppe eine Führungsrolle inne habe, streben in einer anderen vielleicht bewusst eine eher zurückhaltende Rolle an. Die Inhalte der Rollen und ihr Ansehen in der Gruppe hängen von der Zusammensetzung der Gruppe, den Zielen, der Gruppengröße und der Gruppenstruktur ab. Es gibt:

  • Aufgabenrollen: Führung, Koordination, Umsetzung, ..
  • Erhaltungs- und Aufbaurollen: Motivator, Ausgleicher, Kümmerer, Vermittler, ..
  • Negative Rollen: Außenseiter, Rivale, Sündenbock, ...

Generell gilt: Jeder Platz, der aus dem Bedürfnis der Gruppe entsteht, will besetzt sein. Jede Lücke wird ersetzt! Wenn also zum Beispiel die Führungskraft Ihren Aufgaben nur unzulänglich nachkommt, gibt es oft ein Teammitglied, das die Gruppe "mitführt" und sich kümmert.

Werden Sie sich bewusst, welche Rollen Sie inne haben. Klären Sie für sich, welche eigenen Erwartungen Sie an die jeweiligen Rollen haben und prüfen, wo sich mögliche – vielleicht auch schon erlebte – differierende Erwartungen von anderen ergeben können.

 

2. Erwartungen klären

Einer meiner Chefs sagte immer „Sprechenden Menschen kann geholfen werden“. Auch wenn ich die damals oft gehörte Aussage aus der Situation heraus nicht immer toll fand – es steckt ein gutes Stück Wahrheit darin.

Wir haben alle die Möglichkeit, uns unserer eigenen Erwartungen klar werden. Wir haben auch noch die Möglichkeit, über die der anderen mehr oder weniger zutreffend zu spekulieren. Wirklich erfahren, was der andere denkt und warum er in bestimmten Situationen entsprechend reagiert, werden wir erst, wenn wir nachfragen. Der Dialog eröffnet immer die Chance zur Klarheit und damit zum besseren Verständnis.

Wenn sich Differenzen zeigen, die aus unterschiedlichen Erwartungshaltungen resultieren, sprechen Sie es an. Formulieren Sie Ihre Warhnehmungen und Eindrücke aus Ihrer Sicht und laden Sie den anderen ein, ebenso seinen Blickwinkel zu beschreiben. Oft befeuern sonst Interpretationen die unterschiedlichen Bilder, die die Zusammenarbeit erschweren. Und solche Themen lassen sich meist im Gespräch gut klären und aus der Welt schaffen.

 

3. Erwartungen anpassen

Aus Erwartungen in Bezug auf Rollen können Konflikte auf zwei Ebenen entstehen.

Innerer Rollenkonflikt - > ein Mensch erlebt in sich selbst Wünsche, Bedürfnisse oder Ziele, die sich widersprechen und zu Spannungen führen.  Beispiel: Einerseits möchte sich jemand berufsbegleitend weiterentwickeln, andererseits soll die Familie dadurch nicht zu kurz kommen.

Äußerer Rollenkonflikt -> Unvereinbare Erwartungen, die sich auf unterschiedliche Rollen einer Person beziehen, sollen gleichzeitig oder gleichwertig erfüllt werden. Dadurch entstehen Spannungen zwischen zwei oder mehreren Personen. Beispiel: Der Chef kommt kurz vor Feierabend mit einem Auftrag. Daheim wartet die Familie, weil man gemeinsam was unternehmen will.

Um diese Konflikte aufzulösen, ist es oft notwendig, die eigenen Erwartungen an seine Rollen anzupassen und für sich zu klären, was einem wirklich wichtig ist. Nur weil man einmal einen Auftrag nicht fertig bekommen hat, ist man nicht gleich ein schlechter Mitarbeiter und nur weil man einmal nicht pünktlich zu Hause war, gleich ein schlechter Vater oder eine schlechte Mutter. Wir sind vielfältigen Einflüssen unterworfen, denen wir nicht immer gleichwertig begegnen können.

Ein wenig Realismus und der Blick auf das, was uns alles gut gelingt hilft, unsere Leistungen einzuschätzen und unsere eigenen Erwartungen zu definieren.  Somit können wir souveräner mit solchen Situationen umgehen und anderen unsere Entscheidungen klarer und verständlicher erläutern.

 

Achtung Rollenerwartung – was können Sie tun?

  • Werden Sie sich Ihrer Rollen bewusst. Erwartungen geben einerseits Sicherheit oder engen ein und sorgen für Konfliktstoff.
  • Klären Sie eigene und fremde Erwartungen aktiv, wenn sich Unstimmigkeiten ergeben.
  • Setzen Sie sich realistische Erwartungen und gehen so souverän mit Rollenkonflikten um. Wir können nicht alle Erwartungen erfüllen, die an uns gerichet sind.

 

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein wirksames Gestalten und Leben Ihrer Rollen.

Ihre Tanja Remmel

ArtikelTanja Remmel